BÄR UND MENSCH
… eine Jahrtausende alte Geschichte von Liebe und Hass. In ältester Vorzeit, im
Pleistozän, lebten sie wohl in den Höhlen zusammen, und vielleicht nährte die
Bärenmutter gemeinsam ihre Jungen und neugeborene Menschenkinder, so wie es über
Paris (Prinz von Troja) in der Ilias erzählt wird. Nach Thales (7. Jahrhundert
v. Chr.) verwandelte sich Zeus in einen Bären, um die Nymphe Kallisto zu
verführen. Mit ihr zeugte er Arkas, den Gründer Arkardiens. Aus Rache
verwandelte Hera, die Gattin des Zeus, Mutter und Sohn in Bären. Aus Sorge, die
beiden könnten von Jägern getötet werden, versetzte Zeus sie der Sage nach als
Großer und Kleiner Bär an den Sternenhimmel.
Den Kelten galt der Bär als Symbol der Krieger, auch im Namen des sagenhaften
König Artus findet sich der Bär – Arctos – wieder.
Die Samen, eines der ältesten Völker Nordeuropas, verehrten den Bären und waren
davon überzeugt, dass Bären sich in Menschen verwandeln können und umgekehrt.
Ihre Schamanen verkleideten sich nicht nur als Bären, manchmal sollen sie sich
sogar in diese verwandelt haben. So erzählt man sich auch, dass es vorgekommen
sein soll, dass Bären Frauen entführt haben und mit ihnen Kinder – halb Bär,
halb Mensch – zeugten.
Fest steht, dass die Menschen der Vorzeit den Bären verehrten, ihn aber auch
jagten und verzehrten. Noch im Mittelalter war er fast auf dem gesamten
Kontinent verbreitet. Karl der Große schrieb in seinen Kapitularien, dass
niemand mit Bären jemals Frieden schließen würde. Doch da hat er sich wohl
geirrt. In Europa wie auch in Asien wurden und werden Bären gezähmt und
dressiert. Man ließ und lässt sie auf der Straße und im Zirkus tanzen. Noch
heute zahlen Menschen Geld dafür, sich dieses Spektakel anzuschauen. Was sie
aber vielleicht nicht wissen ist, dass der Bär wegen seines Nasenringes tanzt,
an dem ihn der Dompteur herumführt. Er muss „tänzeln“, um dem Schmerz
auszuweichen.
Im 16. Jahrhundert hatten sich Bären stark vermehrt, dass die bis dahin dem Adel
vorbehaltene Bärenjagd auch dem gemeinen Volk gestattet wurde. Die Tiere wurden
sogar während des Winterschlafes getötet, wobei Jagdhunde sie in ihren Höhlen
aufspürten. Infolge dieses Gemetzels wurden die Bären bei uns immer seltener,
gegen Ende des 19. Jahrhunderts standen sie am Rande der Ausrottung. Niemand
hatte ein Interesse daran, Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
Auch in anderen Teilen der Welt stand der Bär in hohem Ansehen. Die Inka in den
Anden Südamerikas verehrten beispielsweise den Brillenbären. Es war untersagt
ihn zu töten oder zu opfern, da sie fürchteten, dass der Schmerzensschrei des
Tieres den Zorn des Himmels auf sie lenken würde. In Peru und Bolivien ist der
Brillenbär seit jeher fester Bestandteil religiöser Feste, auf denen er von
Männern dargestellt wird, die einen Umhang aus Bärenfell tragen. Der Legende
nach wurde einst eine Frau von einem Bären entführt und brachte einen Sohn –
halb Bär, halb Mensch – zur Welt. Beim Versuch seine Mutter gegen den
gewalttätigen Vater zu verteidigen, tötete er ihn schließlich. Die Mutter kehrte
daraufhin zu den Menschen zurück und der Sohn beweinte ihren Verlust. So soll
die typische weiße Zeichnung um die Augen des Brillenbären entstanden sein.
Bis heute verehren die Tlingit-Indianer im Südosten Alaskas den Bären als ihren
Urahn und bilden ihn auf ihren Totems ab, kunstvoll geschnitzten und bemalten
Stämmen, die die Geschichte ihres Volkes überliefern.
Bei uns ist der berühmte Teddybär Zeugnis der tiefen Verbundenheit zwischen
Menschen und Bären. Es heißt, dass Theodore Roosevelt (Kurzname Teddy), ehemals
Präsident der Vereinigten Staaten es im Laufe einer Treibjagd nicht über das
Herz brachte, einen Grizzly zu töten. Nach diesem Erlebnis erklärte er den Bären
zu einer geschützten Tierart. 1902 wollte ein Konditor aus Brooklyn mit einer
Puppe, die einem Bär ähnelte, an die Tat des Präsidenten erinnern und schon im
folgenden Jahr wurde in New York ein aus Wolle gefertigter „Teddybär“ angeboten.
Von hier aus trat das Stofftier seinen Siegeszug rund um die Welt an.
QUELLENVERZEICHNIS:
Aus WAS IST WAS „Bären“ , Band 115 Tessloff Verlag
„Höhle und Handlung“ Tagungsmappe 2000 P. Hofmann
„Höhle und Wahrheit“ Tagungsmappe 2001 P. Hofmann
„Bären“ Orbis Verlag 2002
„Die faszinierende Welt der Bären“ Weltbild Verlag 2007
„108 …Antwort von X“ Books on Demand 2007